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Viele Erinnerungen
- auch an Yves Montand

Günter Feußner Ehrenpräsident der Deutsch-Französischen Gesellschaft Wettenberg - Vorstand vollzog Beschluss der Jahreshauptversammlung

Yves Montand war auch dabei, als am 13. Juni 2010 in einer erweiterten Vorstandssitzung im Garten von Erna und Günter Feußner in Krofdorf-Gleiberg ein Beschluss der Jahreshauptversammlung vom 4. März umgesetzt wurde: Günter Feußner wurde zum Ehrenpräsidenten des Vereins ernannt.

Wer ist dieser Günter Feußner? 1937 im Marburger Land geboren - und bereits als Zwanzigjähriger ein "Europäer" mit Faible für das Mediterrane. Mit Freunden zog es ihn 1957 im Käfer via Frankreich bis nach Andalusien. Sein Beruf: 1954 Ausbildung bei der Stadt Marburg - Verwaltungslehre statt Studiums, das wegen seines Vaters frühen Todes wirtschaftlich nicht darstellbar war.

1965 am 1. August: Mit 28 (!) neuer Bürgermeister in Krofdorf-Gleiberg. Generationswechsel im Gleiberger Land. Ende der "Nachkriegszeit", formal und personell ein Neubeginn. Aufbruch. Unter all den Initiativen des jungen Mannes in einer zum Teil nicht sehr viel älteren Mannschaft (erinnert wurde an Horst Neuhaus, Walter Becker, Klaus Daubertshäuser) war auch jene, in Frankreich eine Partnergemeinde zu finden. Feußner war da schon lang - wie etliche seiner Weggefährten und Alterskameraden - motiviert, etwa durch die Marburger Partnerschaft mit Poitiers. Die Krofdorfer Kreisstadt Wetzlar hatte seit den frühen 1950ern im Dialog mit Avignon gestanden, seit 1960 verschwistert. Im Januar 1963 war der Elysee-Vertrag unterzeichnet worden von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer.

Und Krofdorf-Gleiberg? Annährung mit Calvisson (bei Nîmes; auch eine schöne Adresse / Sommières, Lûnel, das Mittelmeer) in den späten Sechzigern. Eine Jugendgruppe war dort - aber am Ende gab's einen Tumult, setzte es Schläge. Da war man noch nicht reif für das Vertragt-Euch-wieder. (Liselotte Neuhaus und Calvisson-Fahrtteilnehmerin Hannelore Fähler konnte nachher beim Apéro noch etwas mehr erzählen.)


1. Begegnung im Herbst 1971 mit Bürgermeister Marin, Roland Rampal, Mme. Marin, Bürgermeister Feußner uns Walter Fabel

Was in und mit Krofdorf folgte, ist Geschichte. Eine Liaison mit Vaison-la-Romaine am Mont Ventoux kam 1970 nicht zustande: zu ungleich, dort viel Geschichte / Tourismus, wenig gewachsene Strukturen. Ebenso wurde es mit dem sicherlich sehr attraktiven Städtchen L'Isle-sur-Sorgue nichts. 1971 dann die "Brautschau" von Fernad Marin (Bürgermeister) und Roland Rampal, politisch Verantwortlichen aus Sorgues bei Avignon, die im Kreis Wetzlar drei Orte auf der Agenda hatten - aber sich bereits in Krofdorf-Gleiberg verliebten beim Herbstball des Gesangvereins auf Burg Gleiberg. Erste Austausche (TT, Jugend) in 1972, dann Verschwisterung in Krofdorf, 1973 in Sorgues. Beginn einer Erfolgsgeschichte, die maßgeblich von Günter Feußner und dessen kongenialem Pendant Fernand Marin geschrieben und gefördert wurde.

Ende 1976 Ende der politischen Eigenständigkeit. Zum Gestalten der sehr vitalen Partnerschaft in Lahnstadt-Zeiten Gründung der DFG 1977 im Frühjahr (im Sälchen des Gasthauses "Zum guten Freund"). Vorsitzender: Günter Feußner. In den 1980ern Wechsel an der Spitze: Günter Schorsch Vorsitzender, Günter Feußner "Vize" - und der Steuermann. 1982 war Feußner Co-Autor der Broschüre "Zehn Jahre Partnerschaft". Und 1986/87 lenkte er die "Personalfindungskommission" für neuen Vorsitzenden. Er selbst blieb nach der Wahl des seither amtierenden Nobert Schmidt "Vize", Begleiter, Mitgestalter, der Diplomat und Mann fürs Administrative.

Die "Deutschfranzosen" wandelten sich, eröffneten dem Verein (damals 70 Mitglieder / mittlerweile mehr als 250 ) neue Spielfelder: regelmäßig Kulturreisen (v.a. nach Paris und in den Süden / Collioure), hin und wieder Vortragsabende, regelmäßig Pétanque-Spielzeiten, eigene Turniere, Turnierbesuche (Krofdorf und Feußner waren Impulsgeber im Kreis Gießen und Zusammenführer in der Region) - und Partnerschaft, Austausche, Besuche. In guten Jahren begegneten einander in Summe nahezu 1000 Menschen.

Die "Deutschfranzosen" stehen auf folgenden Vereinssäulen: - Sorgues (Austausch / Dialog) - Förderverein der Gesamtschule Gleiberger Land in Sachen Französisch - Vermitteln von Frankreich-Alltagskultur inkl. Reisen - Kulturträger am Ort ("Bal Musette" / Cave @ Dorffest) - Boulisten.

So war es - und so ist es. Nun hat sich der Günter von der Kommandobrücke gemacht, aufs Altenteil zurückgezogen. Entlassen wurde er nicht: Der "Seniorenaustausch" (allein die Begrifflichkeit ein Unding, nicht mehr zeitgemäß) braucht neue Impulse - und hier hofft der Verein, dass Feußner und "Vize" Gerhard Schmidt, der pensionierte Bürgermeister, 2011 zu den Werbern und Antreibern zählst.

Auf Urkunde und Wein-Geschenk wurde verzichtet. Statt dessen gab es zwei bemerkenswerte Fotografien.

Erzählt wurde dazu zunächst eine Geschichte, die Gerda und Wolfgang Krapohl auf www.frankreich-sued.de hinterlegt habe. Die Straße im hügeligen Hinterland der Cote d'Azur schlängelt sich direkt ins Mittelalter. Sie endet an einer Stadtmauer, die sich schützend um das Dorf St. Paul-de-Vence legt, als müsse der Ort vor der Moderne bewahrt werden. Entlang enger, Kieselstein gepflasterter Gassen schmiegen sich sorgsam renovierte Häuschen aus dem 16. Jahrhundert, Künstlerateliers und kleine Läden aneinander. Das feine, ziegelgedeckte Hotel "Colombe d'Or" am Marktplatz war Yves Montands Lieblingsort.Auf der Terrasse genoss er gerade die letzten Sonnenstrahlen eines warmen Spätsommertags, als er eine junge Frau bemerkte: Simone Signoret, umgeben von Tauben. "Ich wusste, ich muss zu ihr gehen, natürlich, ohne dabei die Tauben aufzuscheuchen,"

So begann die Amour fou des französischen Vorzeigepaars, dessen Leidenschaft fortan die französischen Gazetten füllte. Zeit ihres Lebens bleibt St. Paul-de-Vence ( ... ) ein magischer Ort für sie. Regelmäßig reisten sie an.lm "Cafe de la Place" am Ortseingang tranken sie ihren Milchkaffee, und danach spielet Yves Montand eine Partie Boule auf dem Platz gegenüber - manchmal mit prominenten Partnern wie Charlie Chaplin, Grace Kelly, Marlene Dietrich, Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir.

Auch Künstler wie Miro und Chagall lieben das 2800-Seelen-Dorf. Sie übernachten im selben Hotel wie Signoret und Montand. Nur ihre Rechnung begleichen sie anders: Sie zahlen nicht mit Francs, sondern mit Gemälden.Die unschätzbare Sammlung macht das "Colombe d'Or" zu einem Pilgerziel für Kunsfans. Weitere Werke hinterließen sie der Fondation Maeght auf einem nahen Hügel, die Stiftung gilt als eines der bekanntesten Freilichtmuseen moderner Kunst. Nicht weit davon, im Turm der Stadtfestung von Saint-Paul, gaben sich Signoret und Montand 1951 das Jawort.

Die Wettenberger Deutschfranzosen waren im Frühjahr 1989 dort; es war die erste "KulTour"- Mittelmeerreise mit dem neuen Vorsitzenden. Einzelne Fahrtteilnehmer hatten Kugeln dabei, darunter Manfred Schmidt, spielten auf diesem eben zitierten Platz eine Partie - als auf einmal die Tür aufging und Yves Montand hinzukam. Ein stolzer Hahn: Am 31. Dezember 1988 erstmals Vater geworden - mit 67. Da stand er nun mit seinen Spezeln auf dem Platz, dieser provencalische Stenz. Und Carole Amiel, die junge Mutter, schob mit der Bonne den Kinderwagen ins Dorf hinauf. Und daran erinnert ein Foto, das der DFG-Vorsitzende damals machte - in schwarz-weiß. Iyes Montand beim Jeu Provencal.

Zweites Foto-Geschenk: Sorgues aus der Luft - ein Guck- und Erzählbild.


Ja, so kam's, dass Yves Montand dabei war, als Günter Feußner Ehrenpräsident wurde.

Norbert SCHMIDT, Vorsitzender

Foto unten: Die Eheleute Feußner mit "Deutschfranzosen"-Vorstandsmitgliedern.